Pflegeindikatoren - Dekubitus

Dekubitus

Definition

Ein Dekubitus ist eine lokal begrenzte Schädigung der Haut und/oder des darunterliegenden Gewebes, typischerweise über knöchernen Vorsprüngen, infolge von Druck oder Druck in Verbindung mit Scherkräften. Es gibt eine Reihe weiterer Faktoren, welche tatsächlich oder mutmasslich mit Dekubitus assoziiert sind, deren Bedeutung aber noch zu klären ist.

Dekubitus werden gemäss internationaler Definition NPUAP-EPUAP-PPPIA (National Pressure Ulcer Advisory Panel, European Pressure Ulcer Advisory Panel, & Pan Pacific Pressure Injury Alliance, 2014) in sechs Kategorien unterteilt.

Kategorie/Stadium 1: Nicht wegdrückbares Erythem

Intakte Haut mit nicht wegdrückbarer Rötung eines lokalen Bereichs gewöhnlich über einem knöchernen Vorsprung. Bei dunkel pigmentierter Haut ist ein Abblassen möglicherweise nicht sichtbar, die Farbe kann sich aber von der umgebenden Haut unterscheiden.

Der Bereich kann schmerzhaft, härter, weicher, wärmer oder kälter im Vergleich zu dem umgebenden Gewebe sein. Es kann schwierig sein, Kategorie/Stadium 1 bei Personen mit dunkler Hautfarbe zu entdecken. Kann auf „gefährdete“ Personen hinweisen (Hinweis auf ein mögliches Risiko).

Kategorie/Stadium 2: Teilverlust der Haut

Teilzerstörung der Haut (bis in die Dermis/Lederhaut), die als flaches, offenes Ulcus mit einem rot bis rosafarbenen Wundbett ohne Beläge in Erscheinung tritt. Kann sich auch als intakte oder offene/rupturierte, serumgefüllte Blase darstellen.

Manifestiert sich als glänzendes oder trockenes, flaches Ulcus ohne Beläge oder Bluterguss*.

Diese Kategorie/dieses Stadium sollte nicht benutzt werden um Skin Tears (Gewebezerreissungen), verbands- oder pflasterbedingte Hautschädigungen, perineale Dermatitis, Mazerationen oder Exkoriation zu beschreiben.

*Eine livide Verfärbung weist auf eine Tiefe Gewebeschädigung hin.

Kategorie/Stadium 3: Vollständiger Verlust der Haut

Vollständiger Gewebeverlust. Subkutanes Fett kann sichtbar sein, aber Knochen, Sehne oder Muskel liegen nicht offen. Beläge können vorhanden sein, die aber nicht die Tiefe des Gewebeverlustes verdecken. Es können Taschenbildungen oder Unterminierungen vorliegen.

Die Tiefe eines Dekubitus der Kategorie/des Stadium 3 kann je nach anatomischer Lokalisation variieren. Der Nasenrücken, das Ohr, das Hinterhaupt und der Knöchel haben kein subkutanes Gewebe und Ulcera der Kategorie/des Stadiums 3 können dort oberflächlich sein. Im Gegensatz dazu können besonders adipöse Bereiche einen extrem tiefen Dekubitus der Kategorie /des Stadiums 3 entwickeln. Knochen/Sehnen sind nicht sichtbar oder direkt tastbar.

Kategorie/Stadium 4: Vollständiger Gewebeverlust

Vollständiger Gewebeverlust mit freiliegenden Knochen, Sehnen oder Muskeln. Beläge oder Schorf können an einigen Teilen des Wundbettes vorhanden sein. Es können Taschenbildungen oder Unterminierungen vorliegen.

Die Tiefe eines Dekubitus der Kategorie/des Stadiums 4 variiert je nach anatomischer Lokalisation. Der Nasenrücken, das Ohr, das Hinterhaupt und der Knöchel haben kein subkutanes Gewebe und diese Ulcera können oberflächlich sein. Ulcera der Kategorie/des Stadiums 4 können sich in Muskeln und/oder unterstützenden Strukturen ausbreiten (Faszia, Sehne oder Gelenkkapsel) und eine Osteomyelitis verursachen. Offenliegende Knochen/Sehnen sind sichtbar oder direkt tastbar.

Keiner Kategorie/keinem Stadium zuordenbar: Tiefe unbekannt

Ein vollständiger Gewebeverlust, bei dem die Basis des Ulcus von Belägen (gelb, hellbraun, grau, grün oder braun) und/oder Schorf im Wundbett bedeckt ist.

Bis genügend Beläge und/oder Schorf entfernt ist, um den Grund der Wunde offenzulegen, kann die wirkliche Tiefe – und daher die Kategorie/das Stadium – nicht festgestellt werden. Stabiler Schorf (trocken, festhaftend, intakt ohne Erythem und Flüssigkeit) an den Fersen dient als „natürlicher (biologischer) Schutz des Körpers“ und sollte nicht entfernt werden.

Vermutete tiefe Gewebeschädigung: Tiefe unbekannt

Livid oder rötlichbrauner, lokalisierter Bereich von verfärbter, intakter Haut oder blutgefüllte Blase aufgrund einer Schädigung des darunterliegenden Weichgewebes durch Druck und/oder Scherkräfte. Diesem Bereich vorausgehen kann Gewebe, das schmerzhaft, fest, breiig, matschig, im Vergleich zu dem umliegenden Gewebe wärmer oder kälter ist.

Es kann schwierig sein, tiefe Gewebeschädigungen bei Personen mit dunkler Hautfarbe zu entdecken. Bei der Entstehung kann es zu einer dünnen Blase über einem dunklen Wundbett kommen. Die Wunde kann sich weiter verändern und von einem dünnen Schorf bedeckt sein. Auch unter optimaler Behandlung kann es zu einem rasanten Verlauf unter Freilegung weiterer Gewebeschichten kommen.

Relevanz

Die Dekubitusprävention ist ein zentrales Thema in akutsomatischen Spitälern. In der gesundheitspolitischen Diskussion wird die Entstehung von Dekubitus zunehmend als pflegesensitiver Qualitätsindikator (Burston, Chaboyer, & Gillespie, 2014; Heslop & Lu, 2014) bzw. in Deutschland rechtlich gar als Pflegefehler betrachtet (Lubatsch, 2004).

Ein im Spital erworbener Dekubitus führt zu einem erheblichen Mehraufwand und zu Zusatzkosten. In Studien wurde nachgewiesen, dass die Behandlungskosten in der Regel die Präventionskosten um mehr als die Hälfte überschreiten (Defloor, Herremans, & Grypdonck, 2004). Zudem ist ein Dekubitus für die Patientinnen und Patienten sehr belastend und führt neben der Einschränkung der Lebensqualität (Schmerzen, Leiden, Mobilitätseinschränkung etc.) oft zu einem längeren Spitalaufenthalt.

Prävalenzmessung

Die nationale Prävalenzmessung gibt Einblick in die Häufigkeit von Dekubitus in Spitälern und liefert Anhaltspunkte, wie die Qualität der Pflege weiterentwickelt werden kann. Bei der Messung geht es unter anderem um die Frage, ob ein Dekubitus vor oder nach dem Spitaleintritt entstanden ist und um welche Dekubitus-Kategorie es sich handelt.

Neben dem Entstehungsort und der Kategorie des Dekubitus wird auch das Dekubitusrisiko gemäss subjektiver klinischer Einschätzung bei den Patientinnen und Patienten erhoben. Zudem wird erfasst, welche Interventionen zur Prävention und Behandlung angewendet werden. Ferner wird eine Anzahl von Strukturindikatoren auf Spital- (n=2) und auf Stationsebene (n=5) erhoben. Die Ergebnisse der Messung ermöglichen dem Spital eine Standortbestimmung zur Qualität bzw. können aufzeigen, in welcher Hinsicht ein Spital Verbesserungen erzielen kann. Die jährlichen Messungen ermöglichen es, die Wirkung eingeleiteter Massnahmen zu evaluieren. Der Pflegeindikator «Dekubitus Kinder» ist ab 2019 nicht mehr Teil des ANQ-Messplans.

Ergebnisse der Nationalen Prävalenzmessung Dekubitus (Erwachsene) der Jahre 2011 bis 2018 in den Schweizer Akutspitälern

Die Gesamtprävalenzraten für im Spital erworbenen (nosokomialen) Dekubitus betrugen in den letzten Prävalenzmessungen zwischen 3.6 % und 5.8 %.

Die Prävalenzraten für im Spital erworbenen Dekubitus der Kategorien 2 und höher lagen zwischen 1.5 % und 2.1 % (s. Abbildung 1).

Nosokomiale Prävalenzraten Dekubitus (Erwachsene) Schweizer Akutspitäler
Abbildung 1: Nosokomiale Prävalenzraten Dekubitus (Erwachsene) Schweizer Akutspitäler

Die Ergebnisse werden als Gesamtprävalenzrate sowie als Prävalenzrate (Kategorie 2 und höher) beschrieben. Der Grund liegt darin, dass die eindeutige Feststellung eines Dekubitus der Kategorie 1 relativ schwierig ist und dass mit unmittelbarem Einleiten einer effektiven Prävention das Auftreten einer Hautläsion noch verhindert werden könnte.

Im internationalen Vergleich befindet sich die nosokomiale Gesamtprävalenzrate in den Schweizer Spitälern im unteren Drittel der in der Literatur angegebenen Referenzwerte. Im Vergleich mit den Ergebnissen anderer LPZ-Messungen sind die Werte der Schweiz vergleichbar bzw. etwas tiefer als in den Niederlanden, jedoch höher als in Österreich und der Türkei.

Die Prävalenzrate des nosokomialen Dekubitus Kategorie 2 und höher in den Schweizer Spitälern liegt ebenfalls im unteren Bereich der Werte aus der Literatur (2.2 % – 4.4 %). Allerdings sind die Werte der Schweiz im Vergleich zur LPZ-Messung in den Niederlanden und Österreich etwas höher (Bernet, Thomann et al., 2018).

Weitere Informationen, sowie Angaben zu den Struktur- und Prozessindikatoren sowie den risikoadjustierten spitalvergleichenden Auswertungen finden Sie in den nationalen Vergleichsberichten der einzelnen Messjahre unter www.anq.ch/de/fachbereiche/akutsomatik/messergebnisse-akutsomatik

Ergebnisse der Nationalen Prävalenzmessung Dekubitus Kinder der Jahre 2013 bis 2018 in den Schweizer Akutspitälern

Die Gesamtprävalenzraten für im Spital erworbenen (nosokomialen) Dekubitus betrugen in den letzten Prävalenzmessungen zwischen 7.9 % und 15.1 %. Die Prävalenzraten für im Spital erworbenen Dekubitus der Kategorien 2 und höher lagen zwischen 1.3 % und 3.0 % (s. Abbildung 2).

Prävalenzraten nosokomialer Dekubitus (Kinder) Schweizer Akutspitäler
Abbildung 2: Prävalenzraten nosokomialer Dekubitus (Kinder) Schweizer Akutspitäler

Im internationalen Vergleich befindet sich die Gesamtprävalenzrate in den Schweizer Spitälern innerhalb der in der Literatur bis 2011 angegebenen Referenzwerte (Bandbreite: 1.6 % – 33.7 %), wobei neuere Studien für gemischte pädiatrische Stichproben tiefere Gesamtprävalenzraten zwischen 6.6 % und 8.2 % ausweisen. Die nosokomiale Gesamtprävalenzrate liegt über den internationalen Referenzwerten von 1.1 % bis 7.1 %. Die nosokomiale Prävalenzrate der Kategorie 2 und höher befindet sich mit 1.3 % im Mittelfeld der publizierten Werte von 0.67 % bis 2.7 % (Bernet, Schlunegger et al., 2018).

Weitere Informationen, sowie Angaben zu den Struktur- und Prozessindikatoren sowie den risikoadjustierten spitalvergleichenden Auswertungen finden Sie in den nationalen Vergleichsberichten Dekubitus Kinder unter www.anq.ch/de/fachbereiche/akutsomatik/messergebnisse-akutsomatik

Bibliographie

  • Bernet, N., Schlunegger, M., Richter, D., Thomas, K., Thomann, S., Büchi, J., . . . Vangelooven, C. (2018c). Nationale Prävalenzmessung Sturz und Dekubitus. Nationaler Vergleichsbericht Messung 2017 - Dekubitus Kinder (pp. 85). Bern: Nationaler Verein für Qualitätsentwicklung in Spitälern und Kliniken (ANQ), Berner Fachhochschule, Departement Gesundheit, Angewandte Forschung und Entwicklung Pflege.
  • Bernet, N., Thomann, S., Richter, D., Baumgartner, A., Schlunegger, M., Büchi, J., . . . Vangelooven, C. (2018c). Nationale Prävalenzmessung Sturz und Dekubitus. Nationaler Vergleichsbericht Messung 2017 - Erwachsene (pp. 143). Bern: Nationaler Verein für Qualitätsentwicklung in Spitälern und Kliniken (ANQ), Berner Fachhochschule, Departement Gesundheit, Angewandte Forschung und Entwicklung Pflege.
  • Burston, S., Chaboyer, W., & Gillespie, B. (2014). Nurse-sensitive indicators suitable to reflect nursing care quality: a review and discussion of issues. J Clin Nurs, 23(13-14), 1785-1795. doi:10.1111/jocn.12337
  • Defloor, T., Herremans, A., & Grypdonck, M. (2004). Herziening Belgische richtlijnen voor Decubituspreventie. Retrieved from www.decubitus.be/richtlijnen/nl/index.htm
  • Heslop, L., & Lu, S. (2014). Nursing-sensitive indicators: a concept analysis. Journal of advanced nursing, 70(11), 2469-2482. doi:10.1111/jan.12503
  • Lubatsch, H. (2004). Dekubitusmanagement auf der Basis des Nationalen Expertenstandards. Ein Qualität entwickelndes Pflegemanagement. Hannover: Schlütersche.
  • McLane, K. M., Bookout, K., McCord, S., McCain, J., & Jefferson, L. S. (2004). The 2003 national pediatric pressure ulcer and skin breakdown prevalence survey: a multisite study. Journal of wound, ostomy, and continence nursing, 31(4), 168-178. Retrieved from www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15851858
  • National Pressure Ulcer Advisory Panel, European Pressure Ulcer Advisory Panel, & Pan Pacific Pressure Injury Alliance. (2014). Prävention und Behandlung von Dekubitus: Kurzfassung der Leitlinie. Retrieved from Osborne Park, Australia.

Nationale Prävalenzmessung Sturz und Dekubitus